Es floss Corona-Bier – und es flossen Tränen (Schwabo, 29.07.2020)
Ungewöhnliche Zeiten erfordern ungewöhnliche Maßnahmen – da das Abschlussfest in einer Halle mangels Möglichkeiten, Abstand zu halten, nicht möglich war, hat das Progymnasium Tailfingen seine Zehntklässler mit einem Autokorso verabschiedet.
Dabei spielten Fenster eine besondere Rolle: Rektor, Klassenlehrer und Schülervertreter hielten ihre Ansprachen aus einem geöffnetem Fenster des provisorischen Schulgebäudes, unter dem eine Fahne mit dem Motto der Abschlussklassen hing: "Corona nicht nur getrunken, sondern auch überlebt" – und die Zeugnisse und Urkunden wurden anschließend durch die geöffneten Seitenfenster von annähernd 50 Personenwagen – und einem Unimog – vergeben, die durch die Lammerberg- und die Buchtalstraße rollten.
Ob das Publikum, das am Rande der Buchtalstraße den Fensterreden lauschte, die Abstandsregeln tatsächlich peinlich genau einhielt, mag dahingestellt bleiben, aber der gute Wille, sie und den Wunsch nach einem angemessenen Abschluss von sechs prägenden Lebensjahren unter einen Hut zu bringen, war unverkennbar. Rektor Stephan Maulbetsch sah sich durch gewisse Parallelen – Fenster offen, aus dem Abluftrohr der Lehrertoilette dringt weißer Rauch des qualmenden Kollegen – in die Rolle des Papstes nach dem Konklave versetzt und psalmodierte einen Segen "Urbi et Orbi" für das unter ihm versammelte Schulvolk, die Kollegen und "omnipotens Susanna Eisenmannus", die Kultusministerin.
Klassenlehrer Dieter Dörrer zog Vergleiche zwischen seinen scheidenden Schülern und einigen Tierspezies, den fleißigen Bienlein auf der einen Seite und gewissen Faultieren, die erst nachts aktiv würden, auf der anderen. Seine Kollegin Sventje Kölle schließlich beschrieb die scheidende 10b als glückliche Melange aus "Leuten, die eine große Klappe haben, und anderen Leuten, die eine große Klappe ertragen können". "Ihr wart Garanten für gute Laune – ich bin manchmal muffig reingegangen, aber eigentlich nie muffig raus."
Im Anschluss meldeten sich gleich fünf Schüler zu Wort, ließen sechs Jahre gekonnter, wohlgemerkt "nicht rektaler" Stoffvermittlung und Pädagogik Revue passieren, erinnerten an Klassenfahrten nach Sylt, Chambéry und Amerika, die stattgefunden hatten – und an die eine, die coronabedingt ausgefallen war, die allerletzte, die nach Berlin führen sollte. Dieter Dörrer bekam Lobesworte zu hören, die auch am PGT nicht alltäglich sein dürften, und seine Kolleginnen und er erstatteten dieses Lob gern zurück. Am Ende flossen dann Sekt und Bier – Corona, was sonst? – und es flossen Tränen, sowohl bei Schülerinnen als auch bei den Lehrern.
Danach folgte die Zeugnisübergabe. Rektor Maulbetsch und die Klassenlehrer Dörrer und Kölle postierten sich am Ausgang der Lammerbergstraße und überreichten durchs offene rechte Seitenfenster erst Zeugnisse und gegebenenfalls Preise, Belobungen und Ehrenkunden, danach noch jeweils eine Rose. Sie ließen es sich nicht nehmen, freundliche und ermutigende Worte mit den Fahrzeuginsassen zu wechseln – was unter anderem zur Folge hatte, dass die Lammerbergstraße weit über eine Stunde lang blockiert war.
10a: Antonia Alt, Loris Noel Avdula, India Boos, Annika Buchmann, Vincent Jann Dirie, Anna Gneiting, Maxim Klems, Johannes Klenk, Eva Koch, Nick Ledda, Jakob Mehl, Annika Marie Merz, Anna-Katharina Müller, Tom Sauter, Julius Ferdinand Seizinger, Christopher Stötzner, Paul Sebastian Türk und Attila Zigraji. Tobias Götz, Lukas Haasis, Katja Hofmann, Annika Luippold und Niklas Plath erhielten Belobigungen und Feyza Tanriverdi einen Französischpreis.
10b: Melanie Luise Alischer, Koray Apaydin, Simon Beck, Jacqueline Bitzer, Selin Curri, Elena Maria Gaßner, Jaqueline Haas, Angelika Kalita, Leander Knosp, Sinja Kurbel, Maurice Manuel Maltese, Joshua Merz, Marco Schatz, Benjamin Schlaich, Tamara Stroppel, Maximilian Svabensky, Joline Witzemann, Yusuf Yildirim und Marta Zaviacicova. Magda Lang erhielt einen Preis, Luka Minou Dräger und Paula Wißmann Belobigungen.